August Macke, Frau des Künstlers

Die Frau des Malers

Jeden Monat besucht Jessica für uns eine Ausstellung und berichtet hier dann von einem Kunstwerk, das sie besonders berührt hat. Dieses Mal war sie im Lenbachhaus in München und hat sich die Ausstellung “August Macke und Franz Marc – eine Künstlerfreundschaft” angeschaut.


Die Frau des Malers

von Jessica Koch

Vor wenigen Tagen erst habe ich die grandiose Ausstellung „August Macke und Franz Marc. Eine Künstlerfreundschaft“ im Münchner Lenbachhaus besucht. Rund 200 Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, kunstgewerbliche Objekte, private Briefe und Skizzenbücher geben einen Überblick über das Leben und Schaffen der beiden Künstler und vermitteln einen tiefen Einblick in die Freundschaft zwischen ihnen. Die Schau zeigt die künstlerischen, ebenso wie die menschlichen Seiten dieser Freundschaft zwischen zwei Männern, die sich nicht immer einig, aber immer innig einander verbunden waren. Gerade das Hervorheben dieser Beziehung macht die Ausstellung zu etwas Besonderen. Denn nicht nur ziehen die wunderbaren Gemälde in den Bann, sondern man meint auch noch die Emotionen zu spüren, die beim Malen der Bilder mitschwangen. Hier liegt etwas in der Luft, das man nicht greifen, nicht erklären, sondern nur spüren kann. Macke und Marc füllen nicht nur mit ihren Kunstwerken diese Ausstellung, sondern auch mit dem Echo einer Freundschaft, das bis heute nachhallt.

In die Freundschaft zwischen August Macke und Franz Marc waren auch ihre Gefährtinnen Elisabeth und Maria mit einbezogen. Die Paare besuchten sich oft gegenseitig und auch nachdem beide Männer allzu früh im Krieg gefallen waren, blieben die Frauen noch in Kontakt. Beide kümmerten sich um den künstlerischen Nachlass ihrer Männer und hielten die Erinnerung an sie aufrecht. Elisabeth Macke schrieb ihre Erinnerungen an August sogar nieder und konnte so ein Bild von dem Mann und Künstler zeichnen, das auch heute noch zu seiner Rezeption beiträgt. Und das auch von seiner Freundschaft zu Franz Marc erzählt. Elisabeth ist deswegen ein wichtiger Teil dieser Ausstellung. Einige Gemälde werden beispielsweise durch ihre Anekdoten und Erinnerungen erläutert und verwandeln sich so von reinen Kunstwerken zu persönlichen Dokumenten eines Lebens. Sie ist aber auch auf mehreren Werken August Mackes zu sehen und diese gehören für mich zu den schönsten der Ausstellung.

August Macke, Portrait mit Äpfeln

August Macke. Porträt mit Äpfeln (Elisabeth mit Äpfeln), 1909. Öl auf Leinwand, 66×59,5 cm. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München

Die Schau ist größtenteils chronologisch geordnet und bringt die Künstlerfreundschaft zwischen Marc und Macke in Stationen näher, die sowohl die kunsttheoretischen Diskussionen der beiden beleuchten, als auch auf das private Umfeld eingehen. Den Prolog der Ausstellung bildet eine Vorstellung der Personen August Macke und Franz Marc. Hier wird auch das Ölgemälde „Porträt mit Äpfeln (Elisabeth mit Äpfeln)“ von 1909 gezeigt und damit die junge Elisabeth Macke vorgestellt. Ihr dunkles, petrol-farbenes Kleid hebt sich kaum von dem schwarzen Hintergrund des Raumes ab, aus dem sie heraustritt. Noch schwärzer ist nur ihr Haar. Definiert wird ihre Figur durch das Weiß des Tuches, das sie um ihre Schultern gelegt hat. Auch ihr alabasternes Gesicht mit dem gesenkten Blick leuchtet hell aus dem Dunkel. Schön ist sie. Und entrückt. Die Hände, die die Schale mit Äpfeln halten, scheinen Macke nicht so recht geglückt zu sein, wirken sie doch zu grob. Dagegen ist das Gesicht so fein, dass jeder Pinselstrich hier einer Liebkosung gleicht. Während Macke bei diesem Gemälde kaum seine leuchtenden Farben zum Einsatz brachte, ist dies bei „Frau des Künstlers mit Hut“ (1909) aber der Fall. Elisabeth trägt eine Kette in strahlendem orange, einen lila Mantel, ein grünes Kleid und einen kecken, bunten Hut. Aus großen, dunklen Augen schaut sie dem Betrachter offen entgegen. Hier ist sie. Die Frau des Malers.

August Macke, Frau des Künstlers

August Macke. Frau des Künstlers mit Hut, 1909. Öl auf Leinwand, 49,7×34 cm. LWL-Museum für Kunst und Kultur, Westfälisches Landesmuseum, Münster. Dauerleihgabe aus Privatbesitz

Elisabeth und August hatten im Oktober 1909 geheiratet, beide waren erst Anfang 20. Vorangegangen war eine Romanze, die bereits 1903 ihren Anfang gefunden hatte. Die Bonner Fabrikantentochter Elisabeth war August Macke auf dem Schulweg aufgefallen, doch traute sich keiner von beiden den anderen anzusprechen. Ein Jahr lang sollte es dauern, bis sie sich endlich wirklich kennen lernten. Zusammen kamen sie zu dem Zeitpunkt jedoch noch nicht, stattdessen ging jeder erst einmal getrennte Wege. Begegnungen gab es dennoch immer wieder. In ihren Erinnerungen schreibt Elisabeth: „Es war, als seien wir Marionetten, und das Schicksal führe uns in zufällig scheinenden und doch so unvermeidlichen Spiel immer wieder zueinander.“

Elisabeth war eines der Lieblingsmotive von August Macke. Zeichnungen, Pastelle und Ölgemälde zeigen sie lesend, schreibend, stickend oder mit den Kindern. Sie war es, die sein Frauenbild und einen Frauentypus prägte, der sich in seinen Gemälden immer wieder finden lässt. Viele seiner, vor allem frühen, Werke sind Zeugnisse der Liebesgeschichte zwischen ihm und Elisabeth. Einer Geschichte, die leider zu früh enden musste. August Macke zog als Soldat in den 1. Weltkrieg und fiel bereits im September 1914. In seinem berührenden Nachruf auf den toten Freund schreibt Franz Marc: „Aber sein Werk ist abgebrochen, trostlos, ohne Wiederkehr. Der gierige Krieg ist um einen Heldentod reicher, aber die deutsche Kunst um einen Helden ärmer geworden.“ Nicht einmal zwei Jahre später fiel auch Franz Marc.

 

Zu sehen sind die beiden hier erwähnten Gemälde noch bis zum 03. Mai 2015 in der Ausstellung „August Macke und Franz Marc. Eine Künstlerfreundschaft“ im Kunstbau des Lenbachhauses in München, Luisenstr. 33, 80333 München. www.lenbachhaus.de

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